Lexikon
Wichtige Begriffe - von Genossenschaft bis Social Economy - kurz erklärt. Ein "ABC" im Werden.
Sekundärgenossenschaft
Sekundärgenossenschaften sind kooperative Zusammenschlüsse von Einzelgenossenschaften bzw. genossenschaftsartigen Unternehmen, die verschiedene für ihre betriebliche Leistungsfähigkeit erforderliche Aufgaben an einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb auslagern. Sie sind durch folgende Merkmale geprägt:
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Know-how: Verbleibt im eigenen Verbund, verhindert Abhängigkeiten von Dritten.
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(Optionale) Gewinne: stehen Mitgliedern als Eigentümerinnen zur Leistungsverbesserung zur Verfügung eG.
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Subsidiarität: Dienstleistungen aus dem Verbund sind keine Pflicht, sondern freie Entscheidung jeder Primärorganisation über Inanspruchnahme.
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Wirtschaftliche Ausrichtung: Schwerpunkte liegen in wirtschaftlichen Tätigkeiten verbunden mit eigener ökonomischer Tragfähigkeit.
Burghard Flieger, Innova eG
Social Economy / Social and Solidarity Economy / Soziale und solidarische Ökonomie
Die Social Economy umfasst laut EU wirtschaftlich tätige Organisationen, die sich durch folgende Eigenschaften auszeichnen: „Vorrang des Menschen sowie des sozialen und/oder ökologischen Zwecks vor dem Gewinn, Reinvestition des größten Teils der Gewinne und Überschüsse zur Durchführung von Aktivitäten im Interesse der Mitglieder/Nutzer („kollektives Interesse“) oder der Gesellschaft insgesamt („allgemeines Interesse“) und demokratische und/oder partizipative Führung“
In internationalen Dokumenten (UNO, ILO, OECD) wird häufig die Bezeichnung „Social and Solidarity Economy“ verwendet (deutsch: Soziale und Solidarische Ökonomie)
Makus Blümel, RCE Graz-Styia
Quelle
* Wir weisen darauf hin, dass der Begriff der „Sozialwirtschaft“ - wie in der deutschsprachigen Übersetzung des EU-Aktionsplans verwendet - im österreichischen Kontext missverständlich ist, weil er dort nur einen Teilbereich der Social Economy im Sinn des Aktionsplans bezeichnet. Auch im Sinne eines gemeinsamen Verständnisses über Sprachgrenzen und nationale Traditionen hinaus verwenden wir daher durchgehend den Begriff „Social Economy“ und empfehlen dies auch für die weitere Diskussion.
Weitere Definitionen anderer internationaler Organisationen wie der ILO, der OECD oder der UNO finden sich u. a. im Social Economy Gateway der EU.
Eine gute Definition des bereits länger etablierten Begriffs der sozialen und solidarischen Ökonomie bietet das internationale Netzwerk RIPESS.
Soziokratie
Die Soziokratische Kreisorganisationsmethode (SKM) ist ein Modell für Mitbestimmung und effektiver Selbstorganisation in Unternehmen. Soziokratie ermöglicht durch seine Prinzipien und Moderationsform tragfähigere Entscheidungen, Mitverantwortung und höhere Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen. Folgende Prinzipien sind dabei wesentlich:
Grundprinzip ist der Konsent - Entscheidungen in Kreisen sind dann gültig, wenn keines der Kreismitglieder einen schwerwiegenden Einwand im Sinne der gemeinsamen Ziele hat. Durch die fachgerechte Anwendung von Konsentmoderation sind diese Prozesse in Kreisversammlungen in der Regel effektiver und befriedigender für alle Beteiligten, da alle im Kreis gehört werden und niemand übergangen wird. Entscheidungen werden mitgetragen und es werden keine Verlierer:innen geschaffen. Jedes Mitglied eines Kreises hat das Recht, eigene Themen und ggf. Beschlussvorschläge selbst auf die Agenda seines Kreises zu setzen und dort auch mitzubestimmen. Somit erzeugen wir echte Mitverantwortung für das Gelingen der gemeinsamen Ziele.
Organisation in Kreisen - Kreise treffen innerhalb ihrer Domäne und dessen Grenzen autonom Grundsatzentscheidungen. Es gibt in der Regel einen geschäftsführenden Leitungskreis, der wiederum je nach Ziel und Tätigkeit der Organisation verschiedene Bereichskreise darunter bilden kann. Diese können je nach Erfordernis z.B. nach funktionalen Verrichtungen oder nach Divisionen (Sparten, Regionen) gegliedert sein. Die Kreise haben definierte und mit dem übergeordneten Kreis abgestimmte Ziele und Angebote und insbesondere eine eigene Domäne, also einen definierten Bereich, innerhalb dessen der Kreis im Sinne der Gesamtorganisation und im Rahmen übergeordneter Bestimmungen selbst entscheiden und steuern kann. Jeder Kreis kann bei Bedarf wiederum Subkreise bilden.
Doppelte Koppelung - Leitungen werden top-down aus dem übergeordneten Kreis gewählt. Delegierte werden bottom-up aus dem eigenen Kreis in den nächsthöheren Kreis gewählt. Damit wird das kollektives Steuern auf Basis von Feedback und Gleichwertigkeit über mehrere Kreise und Ebenen hinweg möglich
Offene Wahl - Wesentliche Funktionen/Rollen werden im Kreis nach dem Vorschlagsprinzip durch offene Argumentation und im Konsent vergeben. Im Fokus stehen die Fähigkeiten und gesuchten Qualitäten, die mit einer bestimmten Funktion verbunden sind und von den jeweiligen Mitgliedern des Kreises bei ihrem Vorschlag beschrieben werden.
Gemeinsame Ziele, Spielregeln und andere grundlegende Entscheidungen werden in Kreisversammlungen, mittels Konsentmoderation getroffen. Operative Entscheidungen werden hingegen möglichst von den Mitgliedern in ihren unterschiedlichen Rollen im Rahmen der bereits definierten Vorgaben in der Ausführung selbst getroffen.
Florian Bauernfeind (Soziokratie Zentrum ⎸ en:tribe)
Verbundstruktur
Verbundstrukturen sind Formen der kontinuierlichen Zusammenarbeit wirtschaftlich tätiger Organisationen. Die Zusammenarbeit kann sehr verschiedene organisatorische Ausprägungen aufweisen: vom Verein über Genossenschaften bis hin zu klassischen Wirtschaftsverbänden. Inhaltlich lassen sich vor allem Schwerpunkte unterscheiden wie Koordination und Vertretung nach innen und außen, sozialintegrative Angebote sowie ökonomische Unterstützungsleistungen. Insofern sind ► Sekundärgenossenschaften eine Form der Ausprägung von Verbundstrukturen.
Burghard Flieger, innova eG